Den Teilnehmern des diesjährigen Zeltlagers bot sich bei der Ankunft in Erbstetten auf der schwäbischen Alb ein eigenartiger Anblick: Anstatt der gewohnten Mitarbeiter trafen sie seltsam vermummte Gestalten in fremdartigen Gewändern an. Wer sind diese Menschen, was wollen die von uns?! Fragten sich einige der Teilnehmer sicher. Aber beim Aussteigen und näherem Hinsehen erkannten sie, dass es sich bei dem kleinen Haufen von zwölf Leuten um die Betreuer der 58 Kinder und Jugendlichen von 7 bis 15 Jahren handelte. Außerdem erfuhren sie in den folgenden zehn Tagen, dass das was manche Mitarbeiter trugen nicht etwa ein Nachthemd (Nein!), sondern ein Kaftan war. Schließlich befanden wir uns (zumindest gedanklich) im Orient.

Nachdem die Teilnehmer ihre Zelte bezogen hatten, trafen wir uns am Fahnenmast, zogen die Fahnen hoch, sangen zum ersten mal das Lagerlied, beteten für ein gutes Lager und schrien den Schlachtruf, ein dreifaches Ali – Baba

Im Anschluss an die nächtliche Fackelwanderung erfuhren die jungen Bewohner des Orients dann auch, warum sie eigentlich hier waren: Die wichtigsten Sultane und Sultaninen desselben, hatten sich nämlich im Palast des Sultans Hatschi Halef Omar Ben Hatschi Abdul Abbas Ibn Hatschi Dawuhd al Gossarah, oder kurz Hatschi, zusammengefunden, als ein Streit darüber ausbrach, wessen Untergebene die besseren Kämpfer seien. Da gab es die sogenannten Skorpione der Djafari, die Kamele der Gia Fara oder die Erdmännchen der Leila, um nur ein paar der acht furchteinflößenden Gruppen zu nennen. Um diesen Streit nun ein für alle mal zu beenden beschlossen die Sultane einen Wettstreit in den verschiedensten Disziplinen auszutragen. Dieser sollte am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang beginnen.

Darum ging es dann auch am nächsten Tag, nach Frühsport, Frühstück und der allseits gefürchteten Zeltordnung (Anm. d. Verf.:„MUHAHAHAHA!“) auf in den Wald, um bei der Holzolympiade herauszufinden, welche Gruppe in einer bestimmen Zeit das meiste Holz sammeln konnte. Positiver Nebeneffekt dieses Wettstreites war, dass das Holz für das Lagerfeuer des restlichen Zeltlagers reichte. Am nächsten Morgen ging es dann los zur ersten Wanderung. In Begleitung von Arnd Stadelmaier und Peter Krebs, die vor über 25 Jahren als Teilnehmer selbst mit dabei waren und sogar Cola für alle mitgebracht haben, für die wir uns an dieser Stelle schon einmal bedanken, wanderten wir, meist durch bewaldetes Gebiet, in einem großen Bogen zu einem kleinen Wasserfall an der Lauter. Und da es recht heiß war stürzte sich fast jeder sofort hinein. Da die Lauter nicht weit vom Zeltplatz entfernt ist waren wir nach dieser Erfrischung schnell wieder am Lager angekommen, und fanden uns abends gemeinsam zum Singen am Lagerfeuer ein.

Nach der Entspannung des Vortages, ging es am nächsten Morgen mit den Wettkämpfen weiter. Die Gruppen mussten ein „störrisches Kamel“ über den Platz ziehen (Tauziehen), die andere Gruppe „aus dem Ring prügeln“ oder im „Sockeln“ oder „Ball über die Schnur“ gegen die anderen bestehen. Nachmittags bekamen wir dann überraschend Besuch von einem Außerirdischen, der zufällig im Orient landet und einen Juden, einen Muslim und einen Christen antrifft. Nachdem er alle über ihren Glauben befragt hat, hakt er beim Christen noch etwas genauer nach, doch der erkennt, dass er eigentlich gar nicht so viel über seinen eigenen Glauben weiß. Angestoßen durch dieses Gespräch machten wir uns, aufgeteilt in drei Zeltgruppen Gedanken darüber, was es eigentlich für uns bedeutet Christ zu sein und was einen als solchen ausmacht. Die erste Zeltgruppe, bestehend aus den vier jüngsten Zelten, malten die Eigenschaften, die sie einem Christen zuordnen würden. Die vier mittleren Zelte erfanden ein Schauspiel und die vier ältesten schrieben einen Dialog zwischen dem Außerirdischen und dem Christ. Anschließend führten die Gruppen sich die Ergebnisse gegenseitig vor. Abends konnten sich die Teilnehmer, dann aussuchen ob sie lieber am Lagerfeuer singen, im Hamam eine Geschichte hören oder im Dattelhain Spiele spielen wollten.

Am folgenden Tag war die Aufregung groß. Denn die mächtigen Sultane des Morgenlandes hatten sich wieder ein mal im Palast des Hatschi getroffen, weil sie nämlich von dem immensen Schatz gehört hatten, den die gefürchteten 40 Räuber in einer Höhle versteckt haben sollen. Da die Räuber den Herrschern sowieso ein Dorn im Auge waren, beschlossen sie, die Bande zu zerschlagen und sich den Schatz zu holen. Das Problem war allerdings, dass die Schatzhöhle durch eine Losung geschützt war und zum Schutz voreinander wusste jeder Räuber nur einen Buchstaben dieser Losung. Darum wurden die acht Gruppen der Sultane losgeschickt um im Wald die Räuber aufzustöbern und das gesamte Lösungswort herauszubekommen, natürlich wieder im Wettstreit. Nachmittags ging es dann mit dem Lagerzirkus „Wetten nass…!“ weiter. Jedes Zelt und auch manche Solo-Künstler, hatten sich einen kreativen Programmpunkt überlegt. Dabei waren Quizshows, Armdrücken, ein Luftgitarrencontest und das allseits bekannte Herzblatt, bei dem sich einige Paare fürs Leben gefunden haben. Durchsetzt von musikalischen Höhepunkten wurde es ein sehr unterhaltsamer Nachmittag, wobei es dank des guten Wetters, weder Teilnehmer noch Mitarbeiter störte, dass sie nach einer verlorenen Wette nass wurden. Abends folgte ein weiterer Höhepunkt auf dem Lager, nämlich das Verwöhnprogramm im Hamam, zumindest für die jüngere Hälfte der Teilnehmer. Diese wurden zuerst in einer warmen Badewanne abgeschrubbt und anschließend massiert. Die älteren durften währenddessen am Feuer Stockbrot machen. Weniger entspannt ging es am nächsten Morgen zu, denn die Wettkämpfe erreichten langsam die heiße Phase. Die Gruppen mussten Linsen sortieren, Kamele beladen, versunkene Schätze ausgraben, Wasser tragen und vieles mehr. Da waren viele froh darüber, dass die Workshops am Nachmittag recht ruhig verliefen. Denn es wurde unter anderem getont, Fackeln selbst gemacht, Mosaike gelegt und auch ein Aussichtsturm gebaut. Abends wurde dann wie gewohnt am Lagerfeuer gesungen.

Dann war auch schon Besuchssonntag. Mit einem Mal war der Zeltplatz bevölkert mit Eltern, Großeltern und Geschwistern, mit denen wir Nachmittags, den Werkstattgottesdienst feierten, bevor es im Aufenthaltszelt Kaffee und reichlich Kuchen gab, über den wir uns noch Tage später freuten. Nachdem dreckige gegen saubere Wäsche umgetauscht und die Zelte besichtigt waren ging es für die Eltern auch schon wieder langsam heimwärts, während bei den Teilnehmern doch die ein oder andere Träne floss.

Aber für einige der älteren Teilnehmer ging es erst richtig los. Denn während die anderen leckere Sachen am Feuer kochten, machten sich diejenigen, die alt genug waren und sich freiwillig gemeldet hatten auf zur Ü- (Überraschungs-, Übernacht-, Überlebens-) Aktion, oder „Survival-Tour“. Das bedeutete für die 13 mutigen Teilis, dass sie erst einmal abends, während die anderen bereits in ihre Schlafsäcke krochen, mit verbundenen Augen an einen unbekannten Ort gefahren, und dort mit drei Mitarbeitern ausgesetzt wurden. Nachdem die Mitarbeiter ihnen den Umgang mit dem Kompass erklärt hatten, bekamen sie eine Marschzahl gesagt, in deren Richtung der Platz zum Übernachten lag. Allerdings hatten alle Beteiligten an diesem Abend so viel Pech, wie schon lange nicht mehr auf einer Ü-Aktion. Denn es dauerte nicht lange, bis es erst langsam und dann immer stärker zu regnen begann, während sich die Gruppe, mit ein paar Orientierungsschwierigkeiten, ihren Weg durch den dunklen Wald bahnte. So war es bereits spät in der Nacht, beziehungsweise sehr früh am Morgen, als alle am Übernachtungsplatz ankamen. Glücklicherweise regnete es gerade nicht und so konnten sie eine Plane aufspannen, unter die sich, nach einem kurzen und kalten Essen, alle drängten und erschöpft einschliefen. Da es die restliche Nacht durch regnete und die Plane leider alles andere als dicht war, waren beinahe alle Schlafsäcke am nächsten Morgen nass Doch trotz allem lief die Gruppe nach dem Frühstück zügig weiter, auch wenn es immer wieder mit kurzen Unterbrechungen den restlichen Tag über regnete. Nachdem sie dann auf dem kürzesten Weg, nachmittags im strömenden Regen am Platz angekommen waren, war die Freude natürlich groß und Dank der beispielhaften Mithilfe der anderen Teilnehmer konnte den triefnassen und erschöpften Gestalten mit Decken und Ersatz-Schlafsäcken ausgeholfen werden, sodass niemand in dieser Nacht im Nassen schlafen musste. Aber vorher gab es noch ein reichhaltiges Mittagessen vom Küchenteam und danach Workshops, wie Sitzkissen nähen, Batiken oder Bauchtanz. Am Abend wurden sie dann für die Strapazen entlohnt, denn es gab Dampfbad mit Massage für die ältere Hälfte der Teilnehmer, während die Jüngeren sangen und Bannoks aßen.

Nach einer erholsamen Nacht stand dann die zweite Wanderung an. Durch das wildromantische Lautertal wanderten wir mit Zwischenstopp an der Bärenhöhle und auf dem Bergfried der Burgruine Wartstein wieder zurück zum Zeltplatz. Abends fand dann der letzte und alles entscheidende Teil der Wettkämpfe, das Nachtgeländespiel, statt. Nachdem die Gruppen ja beim Taggeländespiel die Losung für die Schatzhöhle herausgefunden hatten, drangen sie nun in diese ein und spielten mit den Djinns (Mitarbeiter), die den Schatz bewachen, um das Gold der Räuber.

Dann brach auch schon der letzte volle Tag an. Vormittags bewiesen die jüngeren Zelte bei Vertrauens-, die mittleren bei Teamfähigkeitsspielen und die älteren bei einem Planspiel wie gut sie als Gruppe zusammengewachsen sind und nachmittags wurde dann auch schon das am Abend stattfindende Abschlussfest vorbereitet. In verschiedenen Workshops wurde Essen gekocht, aufgebaut, Spiele und Schauspiele vorbereitet. Und am Abend gab es dann ein wirkliches Festessen in drei Gängen, gefolgt von Tänzen, Schauspielen, ein paar zusätzlichen Strophen zum Lagerlied, dem beinahe weltbekannten „Obstsalat“-Rap und auch einem sehr unterhaltsamen Milch/“Milich“-Test, den die „Milich“ mit dem Doppel-„i“ natürlich klar gewann. Nach der Olympiade- und Zeltordnungs-Preisverleihung ging es dann auch langsam wieder in Richtung Zelt, denn die letzte Nacht im Lager brach an. Am nächsten Morgen wurden dann bei strahlendem Sonnenschein Zelte ausgeräumt, abgebaut, Böden und Erdstreifen geputzt und dann als der Bus kam versammelten sich alle noch einmal um den Fahnenmast. Zum letzten Mal wurde das Lagerlied gesungen der Schlachtruf gebrüllt und dann ging es heimwärts, wobei sich viele die Tränen nicht verkneifen konnten. Somit ging dann auch ein Lager mit tollen Teilis, einer Menge lustiger Momente und viel Spaß zu Ende – Das Orientlager 2012.

Da bleibt nur noch zu sagen: „Halloooo….!“

Zum Schluss möchten wir uns ganz herzlich bei allen Besuchern und Spendern bedanken. Das waren u.a. Familie Weimer, Arnd Stadelmaier und Peter Krebs. Ein großes Dankeschön gilt auch Melanie Wörner-Andrich, die in der Küche ausgeholfen hat. Außerdem möchten wir uns für die zahlreichen Kuchen- und anderen Essensspenden bedanken, die am Besuchssonntag mitgebracht wurden. Unseren besonderen Dank möchten wir dem DRK Ortsverein Obereisesheim für die Hilfe beim Hin- und Rücktransport der Lagergerätschaften und der Firma Schuster für die Bereitstellung eines Anhängers aussprechen. Auch bei der Firma Benz bedanken wir uns für die Spende von Workshopmaterial. Danke an alle, auch die hier nicht erwähnten, ohne Euch wäre das Zeltlager nicht möglich gewesen!

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